Marlon Wobst • extra • Schwarz Contemporary

Marlon Wobst 2017_Mal
Marlon Wobst, Mal (2016), Keramik, 10X19X25cm

Marlon Wobsts Figuren kann man bei intimen Körpererkundungen zuschauen, beim Kopulieren, beim Sporttreiben und beim Sonnenbaden mit streifenlosem Ergebnis. Es sind wunderliche Persönchen, oft zu mehreren ineinander verknotet, mit verlängerten Gliedmaßen, zumeist spärlich bekleidet. Während sie in älteren Arbeiten häufig schemenhaft blieben und beinah in den Bildhintergrund eintauchten, hat der Künstler für seine vierte Einzelausstellung bei Schwarz Contemporary den Blick auf seine Charaktere schärfer gestellt und sie zum Teil sogar aus den Leinwänden herausgelockt. Als Keramikfiguren gehen sie nun auf kleinen Podesten ihren Verrenkungen und Selbstbetrachtungen nach. In Kombination mit den gezeigten Öl-Bildern wirken die Figuren tatsächlich als seien sie über den Bildrand geklettert und als könnten sie jederzeit dorthin zurückkehren. Bilder und Keramikfiguren verdichten sich zu einer Art begehbarem Bilderbuch, bestehend aus kurzen, in den Raum gestellten und an die Wand gehängten Anekdoten.
Empfangen wird der/die Besuchende von dem 220x150cm großen Bild Summer Edition (2017), das ganz nonchalant klarmacht: hier gibt es keine Hierarchien bezüglich des Darstellungswürdigen. Für die Arbeiten Mal (2016) – eine rötlich-braungebrannte Brünette mit schiefer Sonnenbrille, die ihr Tattoo präsentiert indem sie ihre schlaffe Brust anhebt –, den nackten Frank (2016), dessen Handy mit großer Wahrscheinlichkeit auf den eigenen prallen Penis gerichtet ist oder für den ausschnitthaften Mann, dessen Hand in die eigene Unterhose greift während sein Blick vermutlich auf die nackte Frau im Hintergrund gerichtet ist (Nachbar, 2017), ist Summer Edition der ideale Prolog. Zu sehen sind Knie, zwischen denen sich eine heruntergelassene Unterhose spannt und Hände, die gerade dabei sind Klopapier abzurollen. Die Perspektive des Dargestellten macht den/die Betrachtenden selbst zur Klogänger/in. Und letztlich ist das ein roter Faden, der sich durch die Ausstellung zieht: Ecco homo! So ist er eben der Mensch, mit Ecken und Kanten, Hängebrüsten und Sonnenbrand, nicht ohne Makel eben – und dennoch oder gerade deswegen liebenswürdig.
Laut Katalog, der in Zusammenarbeit zwischen Anne Schwarz von Schwarz Contemporary und dem Kerber Verlag entstand, bezieht Wobst seine Inspiration aus seiner Umgebung, aus der eigenen Vergangenheit, sowie aus der Bilderflut, die Facebook und Instagram zur Verfügung stellen. Dieser Bezug zum Alltag bleibt den Figuren trotz der ihnen mitgegebenen Portion an Komik und Skurrilität erhalten. Wobsts Bilder und Keramiken sind ein lässiger Kommentar zum Glatten, gewollt Perfekten, das laut dem Philosophen Buyng Chul Han die Gegenwart heimsucht.

Marlon Wobst 2017_Frank
Marlon Wobst, Frank (2016), Keramik, 6,5×15,5x8cm

Marlon Wobst 2017_Stehender
Marlon Wobst, Stehender (2016), Keramik, 5x7x5cm

Marlon Wobst 2017_Installation View 3
Installationsansicht

Marlon Wobst 2017_Nachbar
Installationsansicht

 

Alle Bilder courtesy Schwarz Contemporary

Schwarz Contemporary
MARLON WOBST
extra
10.3.–15.4.2017
Sanderstraße 28
12047 Berlin

Schwarz Contemporary

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