
Die künstlerische Praxis der Malerin Clara Brörmann ist wesentlich durch den Wechsel von Hinzufügen und Entfernen geprägt. Farbschichten werden aufgetragen und wieder übermalt oder stellenweise entfernt, so dass darunter liegende Farben oder gar die Leinwand zum Vorschein kommen. Durch diesen Wechsel von nach vorne tretenden und zurückweichenden Formen gewinnen ihre Arbeiten an räumlicher Tiefe. Der Entstehungsprozess bleibt nachvollziehbar und wird zum Teil des fertigen Bildes.
Dieses Prinzip findet sich auch bei der in Zusammenarbeit mit Keystone Editions erstellten Tangram-Serie. Während sich bei einer farbigen Lithografie die nacheinander aufgedruckten Farben zu einer einheitlichen Fläche verbinden, wird hier erkennbar, dass die Strukturen nicht direkt auf das Büttenpapier gedruckt, sondern vielmehr „aufeinandergelegt“ wurden. Das unter dem Gelb schimmernde Blau und die durchgedrückten Umrisse der überlagerten Formen erzeugen einen Wechsel von Vorne und Hinten und machen die einzelnen Schritte des Motivaufbaus nachvollziehbar.
Die Editionen entstanden im Verfahren des sogenannten chine-collé, bei welchem ein sehr feines Japan-Papier auf ein stärkeres Papier gedruckt wird. Das chine-collé unterscheidet sich somit von einer einfachen Kollage, bei welcher die einzelnen Elemente lediglich aufgeklebt werden.
Im Falle der Tangram-Serie wurden zunächst Lithografien in den Farben Blau und Gelb gedruckt, aus welchen anschließend mithilfe handgemachter Schablonen geometrische Formen geschnitten wurden. Anders als die Gemälde, deren Herstellungsprozess zu einem großen Teil von Spontaneität geprägt ist, folgen die Blätter der Tangram-Serie einer vorab von der Künstlerin festgelegten Anordnung. Das abschließende Kaschieren verbindet die beiden Papiere miteinander.
Namensgeber der Serie ist ein uraltes chinesisches Legespiel. Tangram besteht aus sieben geometrischen Plättchen, die sich aus dem Zerlegen eines Vierecks ergeben. Aus der Kombination der Plättchen lassen sich die unterschiedlichsten Figuren konstruieren. Der chinesischen Legende zufolge symbolisiert das Spiel die Möglichkeit, die Vielfalt der Welt anhand der unterschiedlichen Kombinationen der sieben Teile eines Vierecks erfahren zu können.
Die fünf Blätter setzen sich jeweils aus einer sich wiederholenden Form in den Farben Blau und Gelb zusammen. Die fünf Motive wirken jedoch aufgrund des starken Kontrasts der Komplementärfarben und durch das Ineinandergreifen der Formen als seien sie aus verschiedenen Elementen konstruiert.