Ausstellung „Soft Power“ in Berlin: Ein sanftes Monument für die Mutigen

Text für Monopol Magazin (11.9.2025)

Zur Art Week zeigt die Berliner Galeristin Anahita Sadighi die Ausstellung „Soft Power“. Die Installation aus Artefakten, Design und Poesie ist eine Hommage an die Stärke iranischer Frauen

Die persischen Amphoren haben eine ganz eigene Präsenz. Wie kleine, in sich ruhende Körper stehen sie beieinander, jede für sich und doch zusammen. Viele von ihnen sind mit einer blauen oder türkisen Glasur überzogen – die Farbe Blau steht im Persischen und insbesondere in der iranischen Kultur für Spiritualität und Schutz.

Sie sind fremd hier, in der weitläufigen Halle im Haus der Visionäre in Berlin; trotzdem bestimmen sie den Ort. Vielleicht liegt es an der Geschichte, die diese ehemaligen Gebrauchsgüter mitbringen: Einige von ihnen sind mehr als 500 Jahre alt, die „jüngsten“ stammen aus dem 19. Jahrhundert. In ihnen wurden Nahrungsmittel aufbewahrt, jede einzelne war Teil eines Alltags, der längst vorbei ist.

Hier und jetzt werden die Amphoren zu Trägern kultureller Erinnerung, die sich in der von der Galeristin Anahita Sadighi präsentierten ortsspezifischen Installation „Soft Power“ mit weiteren Elementen verbindet: Da ist die Soundinstallation, die in Zusammenarbeit zwischen Sadighi, dem iranischen Klangkünstler und Performer Mehdi Behbudi sowie dem iranischen Dichter Vahide Sistani entstand und auf Poesie-Fragmenten der bedeutenden Dichterin Forugh Farrochzād basiert. Da sind die Blumeninstallation der französischen Stylistin Laura Angelone und die Glasobjekte des Lampen-Labels Eloa.

Ein „feministisches Weltereignis“

Bereits 2022, kurz nachdem der gewaltsame Tod der kurdischen Iranerin Jîna Mahsā Amīnī eine gewaltige Protestbewegung in dem Land ausgelöst hatte, präsentierte Sadighi eine Installation mit persischen Amphoren. Benannt nach dem Slogan der Proteste stellte die Installation „Woman Life Freedom“ eine Reminiszenz an die Frauen dar, deren Aufstand die in Iran geborene und in Deutschland aufgewachsene Galeristin als „feministisches Weltereignis“ einordnete.

Zurecht, denn die Feindschaft gegen die Frau und ihre Unterdrückung sind von Beginn an Grundpfeiler der Islamischen Republik Iran. Es sind ihre Rechte und Freiheiten, die mit der politischen und gesetzlichen Verschmelzung von Regierung und Religion erstickt wurden. Sie sind die Verliererinnen der Islamischen Revolution von 1979: Die zuvor während der sogenannten Weißen Revolution etablierten progressiven Gesetze zum Schutz der Frau schaffte das neue Staatsoberhaupt Chomeini unmittelbar wieder ab.

Die Frauen Irans wissen, dass die Kontrolle über den weiblichen Körper für das Regime essenziell ist, um die Macht über die gesamte Gesellschaft zu behalten. Die Frauen sind die vorderste Front des Widerstands, der nicht erst 2022 aufflammte, sondern schon seit Jahrzehnten besteht, allerdings zumeist jenseits des Lichts der Weltöffentlichkeit.

Eine Erinnerung an die Kämpfe der Frauen

An diese Stärke und Resilienz erinnert „Soft Power“. Der Titel spielt auf die Wirkmacht von Kultur, Werten und sanfter Überzeugung an, die im krassen Gegenteil zu der unterdrückenden, todbringenden Gewalt des Regimes steht. Die Soundinstallation trägt die Worte der „Ikone der Freiheit“ von Forugh Farrochzād in die Halle: Die mit nur 32 Jahren verstorbene Dichterin (1935-1967) schrieb erstmals über das Begehren und die Liebe der Frau und kritisierte in ihren Texten die Situation in Iran. Sie gilt als eine der einflussreichsten Figuren der modernen persischen Literatur.

Hier trifft ihr Werk nicht nur auf die Jahrhunderte alten Amphoren – die als Symbole für die Beständigkeit von Kultur gelesen werden können. Auch die Glas-Designobjekte und die Blumen stehen für die sanfte Macht.

Vergangenheit und Gegenwart, Handwerkskunst, Poesie, Design und Natur vermischen sich und werden für die Betrachtenden zu einem Erlebnis, das die Kämpfe der Frauen in Iran und im Rest der Welt in Erinnerung ruft. Am 16. September jährt sich der Tod von Jîna Mahsā Amīnī zum dritten Mal. Rest in power!

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