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Die Ausstellung LxBxHxMensch setzt sich mit Fragen der Räumlichkeit, beziehungsweise mit der individuellen Positionierung innerhalb eines Raumes – sei dies ein konkreter Ort oder ein gesellschaftliches Umfeld – auseinander. Die unterschiedlichen künstlerischen Positionen geben einen Einblick in die Art und Weise, wie mit bestehenden Räumen umgegangen wird, wie sie modifiziert werden, wie sichtbare Räume unsichtbar und unsichtbare Räume sichtbar gemacht werden und schließlich, wie sich das Individuum zu ihm in Beziehung setzt.
Lilia Kovka schafft in ihrer Arbeit o.T. einen sich ständig verändernden Raum, der für uns nur mit Blicken begehbar ist. Die zu einem Buch gebundenen Passepartouts, allesamt Fundstücke, ergeben stets neue geometrische Gebilde, architektonischen Grundrissen gleich, die mit jeder umgeblätterten Seite ihre Tiefen und die freiwerdenden Perspektiven verändern. Lilia Kovka konstruiert so mehrere Räume innerhalb eines Mediums, mit dem im herkömmlichen Sinne allenfalls gedanklich betretbare, nicht aber einsehbare Orte geschaffen werden.
Johanna Jaeger modifiziert in ihren Arbeiten den bestehenden Raum bis dessen Raumwirkung verändert oder ausgelöscht wird. Stets mit analoger Fotografie arbeitend, macht sie ihren Atelierraum zu ihrem vorrangigen Material, zu dessen Vermessung sie häufig ihren eigenen Körper einsetzt. o.T. (600 Sheets A4 White, 600 Sheets A4 Black) zeigt zweimal denselben Aus- schnitt ihres Ateliers – einmal mit 600 weißen, das andere Mal mit 600 schwarzen Din A4 Blättern ausgekleidet. Der ursprüngliche Raum wird zu einer monochromen Fläche reduziert und somit zum Verschwinden gebracht. Während hier Räumlichkeit extrahiert wird, fügt sie dem gleichen Raum in Maximal Partition ein weiteres Element hinzu und schafft somit neue räumliche Situationen. Die freistehende, ebenfalls aus Din A4 Papieren konstruierte Wand, deren Maße sich nach den Maßen des Ateliers richten, wird in Beziehung zum besteShenden Raum und zu ihrem eigenen Körper gebracht. Die nicht-gestischen Posen ihres Körpers werden gleichsam zu einem graphischen Element und fügen der Fotografie einen performativen Aspekt hinzu.
In der Video-Performance nah dran und weit weg thematisiert Lisa Peters jenen uns stets begleitenden unsichtbaren Raum, dessen Grenzen jeder Mensch individuell für sich definiert und dessen Maße in der Interaktion mit unserer Umwelt immer wieder neu ausgelotet werden. Während wir Menschen, die uns nahe stehen, das Eintreten in einen sehr eng gefassten Radius erlauben, bestehen wir in Interaktion mit uns unbekannten oder unsympathischen Menschen auf das Einhalten einer gewissen Distanz, deren Überschreitung schnell unangenehm wer- den kann. Wie wir den Umkreis festlegen, ist nicht nur von unserem Gegenüber abhängig, sondern in besonderem Maße auch von dem Raum, in dem wir uns befinden: Gleichwohl wir fremden Menschen in einem engen Fahrstuhl zugestehen, in unseren Schutzraum einzutreten, bestehen wir beispielsweise auf einem großen menschenleeren Platz auf das Einhalten der Distanz. In der Video-Performance schafft Lisa Peters einen solchen Schutz-Raum, die Grenze zu ihrem Umfeld wird durch den Ring festgelegt und für andere sichtbar gemacht. So konfrontiert sie die Menschen in ihrer Umgebung mit einem festen Maß, von dem sie nicht abweicht und an das sich die vorbeigehenden Menschen anpassen müssen.
Auch die Arbeit Verortung von Sebastian Winkler erfordert eine Anpassung des Betrachters: Der fragile Drahtquader verhindert das Durchqueren des Raumes, in dem er installiert ist und wirkt sich somit verändernd auf ihn aus. Gleichzeitig bestimmt der bestehende Ort die Maße des Quaders und stellt den Bezugspunkt für den neu entstandenen Raum dar. Die Linien, als raumdefinierendes Element, treten auch in den Arbeiten Randbebauung # 3 und Randbebauung # 7 auf. Als Grundlage der Collagen verwendete Sebastian Winkler ein Abfallprodukt, wie es bei Tiefdruckverfahren entstehen kann. Die Überreste der Farbe bilden ein Nebeneinander und Übereinander undefinierbarer, zufälliger Formen und Strukturen, in welchem die akkuraten Linien einen ungewissen, nicht lokalisierbaren Ort abstecken. Erst durch die hinzugefügten Architekturelemente, verkleinerte Ausschnitte aus einem Magazin für Architektur- Projekte, wird eine Verortung möglich. Wie die In-Situ-Arbeit, sind auch Randbebauung #3 und Randbebauung #7 eine Auseinandersetzung mit der persönlichen Orientierung im Raum.
Text: Ferial Nadja Karrasch






