Mockups sind in der Architektur 1:1 Modelle, realitätsgetreue Ausschnitte eines Neubaus, bei denen fragmentarisch das Zusammenspiel der Oberflächen und Formen erprobt wird und die dazu dienen, die Wirkung des späteren Gebäudes in seiner unmittelbaren Umgebung zu überprüfen.
Während die Musterfassaden in ihrer originären Funktion also an einen konkreten Ort und eine genau definierte Funktion gebunden sind, werden sie in Woottons Arbeiten zu ortlosen, abstrakten, zuweilen absurd anmutenden Objekten. Aus ihrem Kontext gerissen, findet der/die Betrachtende sich einem Gebilde gegenüber, das die Auskunft über Funktion, Ort und Größe vorenthält.
Diese Orientierungslosigkeit auf Seiten des/der Betrachtenden, die durch das Fehlen eines maßstabgebenden Anhaltspunktes hervorgerufen wird, ist ein wesentlicher Aspekt der künstlerischen Arbeitsweise des in Karlsruhe lebenden Tobias Wootton. Der Blick durch die Linse wird zu einem Akt der Verfremdung der wahrgenommenen Realität und auch die Frage, ob es sich um ein Abbild eines real existierenden Ortes oder eines Modells handelt, lässt sich nicht ohne weiteres beantworten, so inszeniert und künstlich wirken die Ausschnitte der von Wootton festgehaltenen Realität. Seine Fotografien sind immer ein Spiel mit Monumentalität und Miniatur, Konkretion und Abstraktion, Realität und Fiktion.
Im Fall der Mockups spielt die Frage nach Realität/Fiktion im doppelten Sinne eine Rolle: Die Modelle sind Versatzstücke, Vorwegnahmen einer zukünftigen, noch irrealen baulichen Situation – in den Fotografien werden sie jedoch zu objets trouvés, die aus dem öffentlichen Raum in den abstrakten Bildraum versetzt wurden. Sie werden zu Kippbildern, die sich zwischen Modell und Wirklichkeit bewegen.
Die Verfremdung wird in den Aufnahmen des angedeuteten „Innenraums“ noch weiter getrieben. Während die Außenansichten die Funktionen der einzelnen Elemente erkennen lassen, enthalten die schwarz-weiß-Aufnahmen der „Innenräume“ eine solche Auskunft vor. Die unterschiedlichen Oberflächen und Formen werden zu einer beinah malerischen Komposition. Hier gehen die Kategorien „Raum“ und „Nichtraum“, bzw. „innen“ und „außen“ ineinander über.
Ausgestellt im Format eines Werbeplakats kommentiert die Serie Mockup den in Zürich sich vollziehenden städtebaulichen Wandel, der immer auch mit einer Veränderung innerhalb des sozialen Gefüges eines Ortes einhergeht.
Text: Ferial Nadja Karrasch

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