Sebastian Winkler // ehren, alle (2014) // 31.5.-8.6.2014 Stellwerk Kassel

Die Ausstellung ehren, alle setzt sich zusammen aus der gleichnamigen Wandinstallation, der Bodenarbeit alle Tage und der Serie Bindungslehre. Es handelt sich bei allen Stationen um Beschreibungen von Momenten einer Beziehung; gleichsam einem Schiebebild ergeben die Anordnungen der einzelnen Elemente in den Arbeiten ein jeweils unterschiedliches Bild einer stets abstrakt bleibenden Verbindung. Der Titel der Serie auf Papier ist somit in zweierlei Hinsicht programmatisch: Er verweist einerseits auf die inhaltliche Ausrichtung der Ausstellung, andererseits umfasst er die grundlegende künstlerische Herangehensweise Winklers, die sich durch eine Zusammenführung des Interesses für Textilien und der Auseinandersetzung mit der Frage, welche Formen eine zwischenmenschliche Bindung annehmen kann, auszeichnet. „Bindungslehre“ bezeichnet im Textilbereich die Systematik der möglichen Verknüpfungen der Fäden, aus denen Stoffe gewebt werden. Anhand schematischer Darstellungen, sogenannter Bindungspatronen, werden die möglichen Verknüpfungen in entsprechenden Lehrbüchern veranschaulicht. Die ausgewählten Abbildungen der Serie auf Papier sind einem solchen Lehrbuch für Weber entnommen. Durch handschriftliche Ergänzungen oder Reduzierungen greift der Künstler in diese graphischen Ordnungen ein, wodurch abstrakte Bilder entstehen, deren Kompositionen verschiedene Personenverhältnisse andeuten. So lassen sich in vielen Abbildungen zwei Teile ausmachen, die zueinander in Beziehung gebracht werden können. Mal scheinen sie gleichberechtigt, mal dominiert der eine Teil über den anderen. Ebenso verhält es sich bei der Wandinstallation, die sich aus drei einzelnen Arbeiten zusammensetzt. Auch hier werden Paare gebildet und abstrahiert dargestellt. Anstelle der analytischen Strenge der Papierarbeiten, erzählen hier die Stoffe, die sich hinsichtlich ihrer Materialität, sprich ihrer Textur und Farbe, unterscheiden, von den Eigenheiten der Personen. Anhand der unterschiedlichen Ausrichtungen der aufgezogenen Stoffe werden die Haltungen der Personen zueinander abgebildet. Mal ist ein Nebeneinander der beiden Partner, mal eine Bevormundung des einen durch den anderen erkennbar. In der Bodenarbeit alle Tage kommen weitere narrative Elemente hinzu. Neben den Stoffen fungiert hier auch die Kohle als Umschreibung des Charakters dieser Konstellation. Sie kontrastiert in ihrer dunklen Unebenheit die strenge Ordnung der weißen, aus Stoffen gefalteten Flächen. Zwischen diesen beiden abstrakten Personenumschreibungen steht der sie verbindende Ort, abgesteckt aus zwölf Drahtlinien und auf einem Fundament aus Schamottsteinen gebaut. Sebastian Winkler schafft in seinen Arbeiten Kompositionen, deren formale Strenge stets Raum lässt, innerhalb dessen sich eine Narration aufspannt. Die Handlung dieser Geschichte entsteht hierbei im Moment der individuellen Rezeption, ihr Fortgang ist den Ideen des Betrachters überlassen.

Ferial Nadja Karrasch

Sebastian Winkler

Stellwerk Kassel

Sebastian Winkler ehren, alle (2014) Installationsansicht
ehren, alle (2014)
Installationsansicht
alle tage (2014) Stoffe, Holzkohle, Schamottsteine, Draht 350 x 250 x 60 cm
alle tage (2014)
Stoffe, Holzkohle, Schamottsteine, Draht
350 x 250 x 60 cm
BINDUNGSLEHRE (2014/2015) Druck / Zeichnung auf Papier, Serie je 40 x 50 cm
BINDUNGSLEHRE (2014/2015)
Druck / Zeichnung auf Papier
Serie, je 40 x 50 cm
ehren, alle (2014) Installationsansicht, Stellwerk Kassel
ehren, alle (2014)
Installationsansicht
ehren, alle (2014) Stoffe, lackiertes Holz, Garn je ca. 140 x 30 x 4 cm
ehren, alle (2014)
Stoffe, lackiertes Holz, Garn
je ca. 140 x 30 x 4 cm

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